Social Trading

Gemeinsam besser traden

Fotos, Videos, Statusmeldungen teilen, liken und kommentieren. Das kennt jeder aus den sozialen Netzwerken. Die eigenen Investitionen hingegen waren lange Zeit Verschlusssache. Etwas Geheimes, über das man allerhöchstens mit dem Vermögensberater und den engsten Freunden sprach. In Zeiten des Social Tradings verlässt nun auch die eigene Kapitalanlage das stille Kämmerlein, private werden zu öffentlichen Anlegern. Und andere folgen ihnen und ihren Anlageentscheidungen. Eine Reihe verschiedener Social-Trading-Anbieter kämpft um die Gunst der Anleger.

Die Grundprinzipien des Social Web dürften den meisten geläufig sein: Auf Facebook, Twitter, Instagram und Co. werden Statusmeldungen, Nachrichten, Fotos, Videos und vieles mehr geteilt. Die Nutzer der Plattformen treten miteinander in Kontakt, manchmal nur flüchtig, wenn sie aktuelle News kommentieren, manchmal dauerhaft, wenn sie interessanten Menschen oder Organisationen folgen, um immer auf dem Laufenden zu bleiben.

Dieses System verfolgen auch die Social-Trading-Plattformen wie eToro, ayondo und wikifolio. Der Handel mit Wertpapieren ist hier eine soziale Geschichte wie anderswo der Austausch über die eigene Hochzeit oder den letzten Italienurlaub. Private Anleger aber auch berufliche Finanzprofis kommen auf den Portalen zusammen und tauschen sich über Handelsmöglichkeiten und Strategien aus. Sogar Finanzmedien präsentieren sich hier mit ihren eigenen Portfolios. Die wichtigste Funktion ist allerdings das Copy Trading. Trader können ihre Portfolios öffentlich einsehbar machen. Und mit einem Klick können andere Anleger das Portfolio kopieren und investieren.

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Auf wikifolio präsentieren sich Medien aus der Finanzbranche mit ihren eigenen Anlagestrategien.

Copy Trading: Der Kern des Ganzen

Die meisten Social-Trading-Plattformen sind um eine zentrale Funktion herum aufgebaut: das Copy Trading. Und während einer typischen Social-Trading-Karriere lernen die User das Kopieren der Anlagestrategien von beiden Seiten kennen. Wer neu ist, kopiert am Anfang selbst erst einmal munter die veröffentlichten Portfolios erfahrener, erfolgreicher User. Mit der Zeit kommt die Erfahrung. Wer viel auf dem Portal unterwegs ist und sich mit anderen austauscht, lernt zwangsläufig dazu, entwickelt eigene Handelsstrategien und traut sich vielleicht irgendwann, selbst ein Portfolio anzulegen und zu veröffentlichen. Und dann kopieren es womöglich neue Social-Trader.

Dabei sollte natürlich kein Kleinanleger blind den Ideen anderer Trader folgen. Denn wer kann am Anfang schon treffend einschätzen, welches Portfolio tatsächlich für die eigene Anlage geeignet ist und welche nicht? Um unerfahrenen Usern mehr Sicherheit und Orientierung zu bieten, haben die meisten Social-Trading-Anbieter verschiedene Methoden entwickelt. So helfen die Portale den Usern auch bei der Auswahl der Trader, denen sie folgen können. Anleger werden zum Beispiel als Top-Trader gekennzeichnet, wenn sie bestimmte Anforderungen erfüllen. Auf diese Weise soll die Spreu vom Weizen, langfristig erfolgreiche Trader von „One-Hit-Wonder“ getrennt werden.

Der Platzhirsch eToro

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Umfangreiche Statistiken zur Trader-Historie helfen Usern bei der Orientierung.

Geht es um die Bewertung von Tradern, setzt eToro mit dem Open Book in erster Linie auf Transparenz. Anleger können sich neben dem Portfolio umfangreiche Statistiken und Charts ansehen, die die gesamte eToro-Karriere der Trader abbilden. So können User einschätzen, ob ein Trader auch dauerhaft Gewinne erzielt oder lediglich vereinzelte, kurzfristige Gewinne mit hohem Risiko und damit auch hohen Verlusten „erkauft“ hat. Einen ersten Hinweis auf die Risikobereitschaft eines Traders bietet eToro allerdings bereits mit der Risikobewertung. Trader erhalten auf Basis ihrer bisherigen Transaktionen ein Risikoprofil, das auf einer Skala von 1 – 10 angibt, wie riskant ein Trader agiert.

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Wer neu ist, sollte vor allem auf Risikoprofile und die Anzahl der Kopierer achten.

Daneben ist für Anleger auch interessant, wie viele Follower einerseits und wie viele Kopierer andererseits ein Trader hat. Denn umso häufiger ein Portfolio kopiert wird, umso mehr Anleger schenken einem Trader ihr Vertrauen. Wenn man so möchte, ist sein Portfolio durch die Intelligenz des Schwarms abgesichert. Natürlich bedeutet das noch keinen magischen Schutzwall vor Kapitalverlusten, doch zusammen mit den Informationen zur jeweiligen Traderhistorie und der Risikobewertung durch das Portal bietet die Menge der Kopierer einen Hinweis darauf, wie erfolgreich Portfolio und Handelsstrategien sind.

Hat man erst einmal im Social Trading Erfahrungen gesammelt, kann man von diesen doppelt profitieren. Zum einen gewinnen Trader mit der Zeit an Sicherheit, was die Auswahl neuer Investments angeht, zum anderen bietet eToro im Rahmen des Popular-Investor-Programms Tradern, die viele Follower und Kopierer haben, eine Reihe von Vergünstigungen an. So gewährt das Portal zum Beispiel Rabatte auf Orderkosten.

Das Popular-Investor-Programm ist vierstufig und an bestimmte Bedingungen geknüpft, zum Beispiel an die Höhe des Eigenkapitaleinsatzes. Klar, je mehr Eigenkapital ein Trader einbringen muss, desto geringere Risiken werden die meisten auch eingehen. Natürlich bestätigen auch hier Ausnahmen die Regel. Aber dafür gibt es ja die Risikoskala des Portals. Besonders erfolgreiche Investoren, die eine große Community aufgebaut haben, erhalten neben Rabatten auch Provisionszahlungen. Ansporn gibt es also genug, es als Popular Investor zu versuchen, denn dann bietet Social Trading Verdienst und Erfahrung zugleich.

Gehandelt wird mit CFDs

Social Trading ist bei eToro – wie übrigens auch bei vielen anderen Anbietern – kein langfristiges Investment. Fondssparpläne sucht man vergebens, Buy-and-Hold ist ein Fremdwort. Stattdessen steht der kurzfristige Handel mit CFDs (Contracts for Difference) im Mittelpunkt. Diese Derivate, die es zum Beispiel auf Aktien, Indizes und Rohstoffe gibt, sind hochspekulative Anlageprodukte.

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Dabei liegt die Gefahr allerdings noch nicht im CFD selbst, sondern in der Möglichkeit, mit dem CFD einen Hebel anzuwenden. Dieser kann für sehr hohe Gewinne sorgen, aber ebenso hoch können Verluste ausfallen. Und beides kann sich sehr schnell einstellen. Denn durch den Hebel wird das investierte Kapital vervielfacht. Dann sind nur noch Kursbewegungen von wenigen Punkten nötig, um große Gewinne oder Verluste zu generieren. Und tatsächlich macht erst der Hebeleffekt CFDs für die meisten Anleger so richtig interessant. Denn er bedeutet natürlich im Umkehrschluss auch, dass ein Trader nur geringe Summen anlegen muss, um große Effekte zu erzielen.

Das kostet der Spaß

Wie jedes andere Investment kosten auch eToros Dienste etwas. Letztlich fungiert die Social-Trading-Plattform ja auch als Broker, der ein Depot zur Verfügung stellt. Und dementsprechend fallen Depotgebühren an. Wer ein Konto bei eToro eröffnet – was ab 50 Euro möglich ist –, zahlt wohl in den meisten Fällen erst einmal die Umrechnungsgebühr. Denn auf dem Portal wird standardmäßig in US-Dollar gehandelt. Für eine Umrechnung von Euro in US-Dollar fallen 250 Pips (percentage in point) an. Wie hoch die Gebühr genau ausfällt, hängt in dem Fall vom aktuellen Euro-US-Dollar-Kurs ab. Möchte man sich später Gewinne in Euro auszahlen lassen, fällt die Gebühr ein weiteres Mal an, zusätzlich zur Auszahlungsgebühr. Und wer seinen Account längere Zeit nicht benutzt, muss monatlich eine Inaktivitätsgebühr entrichten.

Klassische Ordergebühren erhebt eToro hingegen nicht. Wie im CFD-Handel üblich, fällt die Gebühr als Spread an. Das ist die Differenz zwischen höherem Briefkurs, zu dem Marktteilnehmer ein Finanzprodukt verkaufen, und niedrigerem Geldkurs, zu dem sie kaufen würden. Einen Teil dieser kleinen Spanne dazwischen veranschlagt eToro als Gebühr. Sie fällt erst an, wenn eine Position geschlossen wird. Ein letzter Kostenpunkt sind die Über-Nacht-Gebühren, die immer dann erhoben werden, wenn eine Position an einem Tag eröffnet und erst an einem der folgenden Tage geschlossen wird. Pro Nacht werden dann Gebühren berechnet. Daran erkennt man auch die Ausrichtung des Anbieters auf Daytrader, die innerhalb eines Tages eröffnen und schließen.

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Andere Anbieter, andere Systeme

Viele Social-Trading-Anbieter am Markt basieren auf CFD-Handel. Ein wenig widersprüchlich ist das schon, denn CFDs sind Derivate, die vor allem erfahrene Trader nutzen sollten, die Risiken und Finanzmärkte gut einschätzen können. Dennoch präsentieren sich Social-Trading-Portale gern als optimaler Einstieg in den Wertpapierhandel.

Doch nicht alle Anbieter nutzen den CFD-Handel. Das österreichische Fintech Wikifolio beispielsweise bietet Social Trading ebenfalls an, doch CFDs spielen hier keine Rolle. Vielmehr werden hier aus den Trader-Portfolios Zertifikate erstellt, die dann jeder über den eigenen Broker an der Börse Stuttgart kaufen kann. Auf diese Weise rückt nicht das kurzfristige Daytrading, sondern eher langfristiges Investment in den Mittelpunkt.

Und welche Plattform nutze ich jetzt?

Die Wahl der passenden Social-Trading-Plattform fällt gewiss nicht leicht. Zuerst einmal sollte sich jeder klar darüber werden, ob Social Trading überhaupt was für einen selbst ist. Oder soll es nicht vielleicht doch ein langfristiges Investment sein? Wer CFDs handeln und Social Trading kennen lernen möchte, sollte sein Konto für den Anfang nur mit wenig Kapital eröffnen, auf das er im Notfall – bei einem Totalverlust – auch verzichten könnte. Alternativ können angemeldete Nutzer auch ein Virtuelles Konto nutzen, mit dem sie alle Funktionen ohne Risiko testen können.